04.04.2006 , 00:00:00 Uhr - Information - on

Freier Kopf für die Woche der Wahrheit

"Den Kopf frei bekommen" - diesen nach einer Floskel klingenden Spruch bekam man häufig am späten Freitagabend nach der heftigsten Heimpleite der Saison von den Spielern der Füchse zu hören. Und auch Trainer Jörn-Uwe Lommel schlug in diese Kerbe: "Wir müssen uns nun auf Fredenbeck konzentrieren. Das ist ja das schöne an unserem Sport: Man hat gar keine Zeit, um großartig nachzudenken."


Denn bereits am Mittwoch müssen die Berliner beim designierten Absteiger VfL Fredenbeck zwei überlebenswichtige Punkte einfahren. Und nur zwei Tage später kommt es in Berlin zum großen Abstiegsgipfel gegen Augustdorf/Hövelhof. Da kann man schon von einer "Woche der Wahrheit" für die Füchse sprechen.

Die bisher erzielten 25 Punkte aus 30 Spielen reichen jedenfalls nicht, um die Klasse zu halten. Ob es 29, 30 oder am Ende gar 31 sein müssen, lässt sich acht Spieltage vor dem Saisonende am 20. Mai kaum ausrechnen, denn fünf Mannschaften stecken im Abstiegskampf. Alle haben die Möglichkeit, den Gang in die Regionalliga aus eigener Kraft zu verhindern. Selten war in der Zweiten Liga Nord soviel Spannung im Tabellenkeller, obwohl mit Usedom und Fredenbeck zwei der drei Absteiger längst feststehen.

Erstaunlich war das Zustandekommen der Niederlage gegen Emsdetten. Nach der letzten Heimpleite gegen Burgdorf hatte sich die Mannschaft zusammengesetzt und sich auf die nächsten Spiele eingeschworen. Auch der Trainer hatte sich auf die Mannschaft zubewegt. Mit Erfolg: Der Sieg gegen Usedom und das Auseinandernehmen der SCM Youngsters waren der Beweis, zu was die Mannschaft in der Lage ist. „Wir waren die letzten drei Spiele sehr stabil. Gegen Emsdetten haben wir aber wieder einen Auftritt hingelegt, wie auswärts gegen Ahlen, Augustdorf und Aurich“, sagte Lommel. „Ich erwarte gegen Fredenbeck eine Trotzreaktion“, setzt er auf die Selbstheilungskräfte der Mannschaft. Den Kopf müsse man frei kriegen. „Wenn der Kopf zuviel arbeitet, laufen die Beine nicht.“

Fehlendes Zusammenspiel

Carsten Ohle legte nach der Emsdetten-Pleite den Finger in die Wunde: "Wir haben nicht zusammengespielt." Peinliche Abspielfehler im Angriff, Würfe neben oder über das Tor, nur ein gelungenes Kreisanspiel, in der Abwehr fehlende Übergabe, stets den berühmten Schritt zu spät - da sieht auch ein Torwart schlecht aus. Warum denn Jens Vortmann nicht eine Chance am Freitag bekommen hatte? Lommel reagiert unwirsch auf diese Frage. "Der Junge war die ganze Woche bei der Junioren-Nationalmannschaft zu einem Lehrgang in der Schweiz. Außerdem kann man doch nicht einem 18-Jährigen so eine Verantwortung aufbürden im Abstiegskampf."

Damit die Füchse die letzten schweren Spiele entspannter angehen können, soll gegen Fredenbeck und Augustdorf das Projekt "Vier Punkte für den Hauptstadt-Handball" erfolgreich gestaltet werden. Doch die Voraussetzungen sind nicht gut. Die derbe Klatsche gegen Emsdetten - sicher ein Spitzenklub der Liga - nagt am Selbstvertrauen. Christian Rose hatte unzählige Wurfversuche und Fehlpässe, erzielte nicht ein einziges Tor, obwohl der TVE ihn nicht einmal in besondere Bewachung nahm. "Es gibt einfach Tage, da kann man alles versuchen, es geht schief", sagte Rose reichlich konsterniert nach dem Spiel. Auch er will nun als erstes Gebot den Kopf frei kriegen, "sonst denkst Du zu sehr nach und triffst gar nicht mehr."

Zusammen spielen wollen die Füchse wieder in Fredenbeck - allerdings fahren sie getrennt hin. Es wird sich am Mittwoch ein Autokorso auf den Weg ins Geestland machen. "Mit dem Bus verlieren wir zuviel Zeit auf dem Rückweg", sagt der Trainer, " mit dem Auto sind wir einige Stunden eher zurück in Berlin." Damit die Mehrzahl der Spieler am Donnerstag wieder dem Beruf nachgehen kann, bevor am Freitagabend der nächste Kracher wartet. „Wir haben nur einen Tag zur Regeneration“, sagte Lommel und hofft, dass das ausreicht.

Helfen wird den Füchsen dann schon die schwedische Abwehrwand Joakim Agren. Der 35-jährige Rückraumspieler und Abwehrspezialist landete am Montag in Berlin-Tegel und ist für Mittwoch spielberechtigt. „Er wird uns sicher helfen können. Er soll vor allem Pavel Prokopec in der Abwehr entlasten“, sagte Lommel. Prokopec, der im Angriff seiner Form hinterherläuft, erhält dadurch die Möglichkeit zu kleinen Verschnaufpausen und soll dann im Angriff wieder für wichtige Tore sorgen.

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