19.05.2005 , 00:00:00 Uhr - Information - on

Mike Männel: "Die Mannschaft war sensationell!"

Platz 12 in der Tabelle, ein positives Torverhältnis und - was das wichtigste ist - nie in Abstiegsgefahr: Die abgelaufene Saison war für die Füchse die erfolgreichste seit dem Wiederaufstieg. Allerdings geriet im Verlauf der Saison die wirtschaftliche Seite in Schieflage. Auch personell gibt es bei den Füchsen noch einige Baustellen. Mit Dennis Mathews und Viktor Pohlack verlassen zwei wichtige Spieler den Verein. Mike Männel stellt sich im Interview den aktuellen Problemen und hofft, schon bald mit positiven Nachrichten in die Öffentlichkeit gehen zu können.



Herr Männel, die Saison 04/05 ist vorbei. Es war für die Füchse die erfolgreichste Saison seit dem Wiederaufstieg 2002. Wie beurteilen Sie das erste Jahr unter Ihrem Management?

Sportlich sind wir mit dem Erreichten sehr zufrieden. Die Mannschaft hat eine sensationelle Saison gespielt. Mit ein wenig mehr Glück wäre sogar ein einstelliger Tabellenplatz drin gewesen. Die Mannschaft hat zweifellos das Potential dazu, das hat sie mehrfach bewiesen.

Trotzdem gab es immer wieder knappe Niederlagen. Man hatte zwar die beste Abwehr der Liga, aber im Angriff haperte es häufig. War der Kader nicht zu dünn für eine lange Saison?

Ganz sicher, dass wussten wir schon vor der Saison. Wir haben uns im Rahmen der Möglichkeiten mit zwei Spielern sinnvoll verstärkt und konnten die vielen Abgänge der alten Riege nur punktuell auffangen. Nach der Verletzung von unserer Rückraumhoffnung Sascha Detlof hatten wir kaum Alternativen im Angriff und sind leichter auszurechnen gewesen. Mit Carsten Ohle und Jonathan Rivera haben wir aber echte Glücksgriffe gelandet, die uns sehr geholfen haben. Dass der Kader letztlich zu dünn war, hat man insbesondere zum Ende der Saison deutlich gemerkt. Wenn man bedenkt, dass wir ohne Linkshänder im Rückraum durch die Saison gegangen sind, wir vielfach als Abstiegskandidat Nummer 1 gehandelt wurden, dann war das aber eine überwältigende Saison.

Weniger überwältigend sind die Finanzen. In letzter Zeit kursierten immer wieder Gerüchte um finanzielle Probleme bei den Füchsen. Was ist da dran?

Sportlich ist alles im Lot, wirtschaftlich haben wir die schwierigste Saison seit 20 Jahren hinter uns. Wir sind erstmals im Dezember aufgrund ausgebliebener Sponsorengelder und fehlender Unterstützung aus dem näheren Umfeld in Schwierigkeiten geraten, die sich durch die ganze Rückrunde gezogen haben. Dank der Mannschaft, die auf Teile des Gehaltes verzichtet hat, konnte wir die Situation für diese Saison entschärfen.

Und wie sieht es für die nächste Saison aus?

Es gab in den vergangenen Monaten oftmals auch die Überlegung, inwieweit Bundesliga-Handball in Berlin überhaupt möglich ist. Da gab es teilweise schon Resignation.Aber es geht um ja mehr als nur um die Füchse, sondern grundsätzlich um Handball in Berlin. Melden die Füchse keine Mannschaft für die Zweite Liga, wird es auf lange Sicht keinen Bundesliga-Handball in der Hauptstadt geben. Nicht nur deshalb muss und wird es weitergehen! Auch die Mannschaft hat deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie weitermachen will. Die Spieler wollen die harte Aufbauarbeit der letzten drei, vier Jahre nicht einfach wegwerfen.

Aber ohne Sponsorengelder kein konkurrenzfähiges Team. Wie sieht es aus mit Geldgebern?

Es gibt positive Signale aus der Wirtschaft. Die Arbeit der letzten Wochen scheint Früchte zu tragen. Das stimmt uns zuversichtlich, dass wir auch die nächste Saison erfolgreich bestreiten können. Wir haben die Talsohle durchschritten.

Am 25. Mai steht die Lizenzvergabe ins Haus. Glauben Sie an eine auflagenfreie Lizenzerteilung.

Ich hoffe, dass unsere eingereichten Unterlagen die HBL überzeugen. Unser Konzept steht, die Unterlagen sind eingereicht worden, am 25. Mai wissen wir mehr.

Sie sind nicht als Visionär bekannt, sondern als Pragmatiker. Wie ist denn das nun mit der Vision 2006, 2007 oder doch eher 2010?

Das Wort Vision ist aus unserem Sprachgebrauch gestrichen worden. Es ist ja eher eine Mission hier in Berlin. Es geht um die Etablierung von Bundesliga-Handball in einer Stadt mit 12.000 aktiven Handballern. Das Ziel Aufstieg in die höchste Spielklasse dürfen wir aber nicht aus den Augen verlieren. Denn nur mit Weltklasse kann man Sponsoren locken, dass hat z.B. der VfL Gummersbach eindrucksvoll bewiesen. Der Begriff Vision wurde sowieso häufig fehlinterpretiert. Wir müssen jetzt erstmal unsere Hausaufgaben machen, dann sehen wir weiter. Dass in dieser Stadt eine große Arena entsteht, sollte uns derzeit nicht interessieren.

In Zeitungsberichten war unlängst zu lesen, dass Bob Hanning in Berlin Aufbauhelfer werden könnte. Das war vor seiner Demission beim HSV. Jetzt wäre Hanning frei. Kommt er?

Diese Berichte haben uns damals auch überrascht. Das war alles sehr schlecht recherchiert. Dass es Kontakte auch zu Bob Hanning gab, will ja keiner bestreiten. Aber es gab Kontakte zu vielen potentiellen Managern. Fakt ist jedenfalls, dass wir noch immer einen hauptamtlichen Manager suchen, denn ich mache das ja nur nebenberuflich und ehrenamtlich. Das kann auf lange Sicht nicht funktionieren. Wir sind da auch in aussichtsreichen Gesprächen. Unser Kandidat wird sich hoffentlich bald positiv entscheiden.

Was mus denn ein Manager alles mitbringen, der in Berlin anfangen will?

Er muss natürlich Handball-Sachverstand haben, eine große Kompetenz und handballverrückt genug sein, sich mit Berlin und den Füchsen auseinanderzusetzen.

Passt auf Hanning.

Das passt auf viele.

Gut, gehen wir zu den Sponsoren. Wer wird künftig die Füchse finanziell unterstützen?

Die Suche nach Geldgebern ist eine der wichtigsten Arbeiten derzeit. Ich bin froh, dass wir seit 14 Wochen mit Carsten Söder einen Mitarbeiter haben, der sich ausschließlich darum kümmert. Man kann natürlich nicht erwarten, dass das schon nach wenigen Wochen Ergebnisse bringt. Wir befinden uns derzeit in Deutschland in einer schlechten wirtschaftlichen Lage, das merken wir immer wieder bei Sponsorengesprächen. Es gab in letzter Zeit über 130 Vorstellungen bei Sponsoren, eine handvoll ist davon noch übrig. Das zeigt zum einen, wie schlecht es der Stadt momentan geht, aber auch, dass viele Firmen ihr Interesse auf die wenigen großen Vereine wie Alba oder Hertha fokussieren. Die Konkurrenz an Bundesligisten der unterschiedlichsten Sportarten ist in Berlin sicherlich einmalig groß, das gibt es wohl in keiner anderen Stadt. Die Medien und die Wirtschaft berücksichtigen dann eben nur die wirklich großen Klubs.

Ebenso wie die Zuschauer, oder?

Naja, wir haben im Schnitt 500 Zuschauer. Damit können wir nicht zufrieden sein. Das liegt sicherlich auch daran, dass in Berlin immer etwas los ist und die Aufmerksamkeit der Medien selten auf uns gerichtet ist. Und wenn, dann selten auf dem sportlichen Aspekt. Außerdem ist in dieser riesigen Stadt vielen der Weg ins Horst-Korber-Sportzentrum zu weit. Aus dem Ostteil Berlins hat man eine Anreise von fast einer Stunde, bei guter Verkehrslage. Zudem ist die Handballszene der Stadt sehr zersplittert. Das muss erst noch zusammenwachsen. Noch schaffen wir es einfach nicht, die Massen zu mobilisieren. Was möglich ist, hat das Spiel gegen Delitzsch vor über 1.000 Zuschauern gezeigt. Das hat allen einen großen Spaß gemacht. Platz genug ist jedenfalls in der Halle.

Es gab im März den Versuch, zusammen mit den Frauen von den Spreebirds in Hohenschönhausen einen Doppelevent zu machen. Wird es das nächste Saison öfter geben.

Es war einfach mal der Versuch, sich zusammen zu präsentieren. Der Zuschauerzuspruch blieb trotz großer Medienberichte aber hinter unseren Erwartungen zurück. Wir werden nächste Saison definitiv im Horst-Korber-Sportzentrum unsere Spiele austragen, ob es noch einmal eine gemeinsame Veranstaltung geben wird, kann ich jetzt noch nicht sagen. Das wird sicherlich dann auch Sache des neuen Managers sein. Da will ich jetzt keine Aussagen treffen.

Wie sieht es denn mit neuen Spielern für die neue Saison aus? Mit Dennis Mathews und Viktor Pohlack verlassen ja die beiden Toptorschützen der Füchse die Mannschaft.

Dass Dennis uns verlässt, ist sehr bedauerlich. Da hat er zu wenig Geduld bewiesen. Auch Viktor Pohlack wird uns leider verlassen und wechselt zum VfL Potsdam. Das ist menschlich wie sportlich ein herber Verlust. Seine Entscheidung stand schon länger fest, sicher auch aufgrund seines guten Kontaktes zum Trainer von Potsdam. Eine wichtige Personalentscheidung ist, dass Michael Jantzen Trainer der Zweiten Männermannschaft wird und damit die Nachfolge von Erfolgstrainer Peter Frank an tritt. Das ist eine Ideallösung für uns, weil Micha Jantzen eine Integrationsfigur ist.Über alle anderen Personalfragen wird erst in den nächsten Tagen entschieden werden können. Auch hier muss ich noch einige Tage um Geduld bitten, es wurde und wird mit jedem Spieler gesprochen. Die gesamte Mannschaft wird jedenfalls am 25. Mai nach Spanien fliegen, wo die Spieler unseren Ex-Torwart Alberto Chambers-Montalvo besuchen werden. Das zeigt, dass die Mannschaft intakt ist.

Zum Abschluss unseres Gespräches: Was hat sie an der abgelaufenen Saison am meisten begeistert?

Eigentlich die Mannschaft. Da will ich niemanden besonders hervorheben. Die Mannschaft war sensationell. Klar, Carsten Ohle war unser großer Rückhalt, ohne seine Paraden wäre manches Spiel anders ausgegangen. Aber auch die jungen Spieler waren klasse. Dennis Mathews hat eine sensationelle Hinrunde gespielt, Marc Hartensuer auf derselben Position eine fantastische Rückrunde. Auch Christian Schücke hat mir toll gefallen. Die Jungs haben frechen Handball geboten. Es hat Spaß gemacht, denen zuzuschauen. Aber der Gewinner ist ganz klar das Team. Man kann stolz sein, für diese Jungs zu arbeiten. So einen Teamgeist habe ich in 33 Jahren Handball noch nicht erlebt. Diese Mannschaft passt sportlich wie charakterlich perfekt zusammen.

Das Gespräch führte Olaf Nolden

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