08.09.2016 , 23:45:00 Uhr - Spielbericht - CG, handball-world.com

Motivation durch Identifikation: Füchse gewinnen erneut Klubweltmeisterschaft

Zweit Jahre in Folge Klubweltmeister: die Füchse BerlinZweit Jahre in Folge Klubweltmeister: die Füchse Berlin
Die Füchse Berlin haben den IHF Super Globe gewonnen und damit ihren Titel aus dem Vorjahr verteidigt. Die Hauptstädter bezwangen am Donnerstag im Finale den klaren Favoriten Paris St. Germain mit 29:28 (12:15), obwohl sie schon mit sieben Toren zurückgelegen hatten. "Motivation und Identifikation haben heute das Spiel entschieden. Wie unsere Mannschaft zurückgekommen ist, ist unfassbar", erklärte Manager Bob Hanning. Die Berliner sind damit das erste deutsche Team, das diesen Wettbewerb zweimal hintereinander gewinnen konnte.

„Ich habe von Anfang an gesagt, dass wir das wieder wollen“, erklärte ein überglücklicher Petr Stochl. „Zwanzig Minuten vor Schluss sieben Minuten hinten zu sein und das Spiel zu drehen zeigt, dass wir stark sind.“ Auch Paul Drux lobte „die große Moral und den großen Zusammenhalt“ im Füchse-Team und ergänzte: „Spielerisch hat nicht alles funktioniert, aber sich nach sieben Toren zurückzukämpfen, spricht schon für sich.“

Nach einer schnellen 2:0-Führung in Doha übernahm der große Favorit aus Paris das Kommando und erspielte sich ein 10:5. Die Franzosen profitierten obendrein von einigen Ballverlusten der Füchse. Mit steigender Spieldauer stabilisierten sich die Berliner und verkürzten den Rückstand zum 12:15-Pausenstand.

Zu Beginn der zweiten Halbzeit zeigte sich Paris hellwach und überrumpelte die Füchse mit einer 3:0-Serie zur 18:12-Führung. Nun machte sich langsam die Übermacht des Pariser Star-Ensembles bemerkbar: Beim Stand von 15:22 nahm Füchse-Coach Erlingur Richardsson in der 39. Minute eine Auszeit. Das fruchtete: Innerhalb von acht Minuten kamen die Füchse auf 22:23 ran - nicht zuletzt dank der zahlreichen Paraden von Nationaltorhüter Silvio Heinevetter.

„Unfassbar, gegen so eine Mannschaft zu gewinnen, vor allem, wenn du so hoch hinten liegst“, suchte Matchwinner Heinevetter nach den richtigen Worten. „Irgendwann war der Spielstand nebensächlich und wir haben einfach guten Handball gespielt, sind peu à peu rangekommen und wussten: Wir haben noch eine Chance. Die war nicht groß, aber wir haben sie genutzt. Unfassbar, muss man ganz ehrlich sagen.“

Bob Hanning sprach nach dem Erfolg von einem „Sieg für den Handball“. Der Manager erklärte: „Auch wenn man uns immer wieder Spieler wegkaufen wird, wir werden den Weg mit Eigengewächsen konsequent weitergehen. Das Spiel heute zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind, der Sieg ist noch höher zu bewerten als im letzten Jahr, weil die Mannschaft noch weniger Zeit zum Einspielen hatte und der Gegner noch besser und alle gewarnt waren. Wir werden weiterhin in Nachwuchs und Jugend investieren und uns von unserem Weg nicht abbringen lassen.“

Dieses Finale ist das zehnte, das Füchse-Eigengewächs Fabian Wiede zusammen mit Geschäftsführer Bob Hanning bestritten und gewonnen hat. Gemeinsam haben sie noch keinen Titel liegenlassen.

Fabian, du hast noch nie ein Finale mit Bob Hanning verloren. Es sind bereits zehn Stück: mehrfach B- und A-Jugendmeister, DHB-Pokal, EHF-Pokal, Europameisterschaft und jetzt zwei Mal Vereinsweltmeisterschaft. Schon ein wenig unheimlich, oder?

Fabian Wiede: Ja, das natürlich ist schon eine sehr gute Geschichte. Dieses Jahr war richtig gut für uns, wären wir bei Olympia weitergekommen, wären es heute elf gewonnene Endspiele gewesen. Ich bin froh, dass wir so eine Gewinnertruppe sind.

Du hast wichtige Tore geworfen und Verantwortung übernommen. Trotzdem lief es die ersten 45 Minuten nicht. Wie habt ihr am Ende so aufgedreht?

Wiede: Es ist immer schwierig, nach einem Rückstand heranzukommen. Wir wollten uns am Anfang der zweiten Halbzeit Tor für Tor zurückkämpfen. Das hat gut funktioniert. Dann waren es irgendwann nur noch drei Tore. Das War das Ziel. Wenn die Gegner kurz vor Schluss nicht davonziehen, sondern man selber aufholt, dann ist die aufholende Mannschaft immer im Vorteil. Reine Kopfsache. Man weiß dann einfach, dass alles drin ist. Das war unser Vorteil mit einer super Abwehr mit daraus resultierenden schnellen, einfachen Toren.

Paris setzt auf ältere Stars, ihr wirktet am Ende sogar frischer als in den ersten Minuten. Geht das alles spurlos an die vorbei?

Wiede: Nein, auf keinen Fall. Ich bin sehr k.o. Gerade vom Kopf her waren die vergangenen Wochen eine sehr schwierige Zeit. Ich bin einfach nur froh, dass das mit dem Titel heute geklappt hat und wir nun endlich in die Saison reingehen können. Dafür muss man natürlich nochmal alle Kräfte mobilisieren, damit man die übersteht.

Freust du dich darauf, nächstes Jahr wieder nach Doha zu fliegen?

Wiede: Ja, das ist schon okay hier. Für so ein Turnier macht man es gerne!



Paul, was bedeutet der heutige Titel für dich?

Paul Drux: Wir haben gegen eine unglaublich starke Mannschaft gewonnen, darauf kann man stolz sein. Den Titel muss man zwar unter manch anderen einordnen, aber er hat trotzdem eine hohe Bedeutung. Wir haben nämlich gegen sehr gute Mannschaften gespielt und es ist etwas Besonderes, gegen die zu gewinnen. Schwierig ist aber weniger der Gewinn, sondern die Verteidigung eines solchen Titels. Beim ersten Mal kann man immer eine Überraschung schaffen. Beim zweiten Mal sind alle gewarnt.

Wie kommt man nach einem Sieben-Tore-Rückstand zurück ins Spiel?

Drux: Wir haben irgendwie wieder richtig gut gespielt, haben Hoffnung gekriegt, am Sieg geschnuppert und gemerkt: Da geht was. Die Pariser kamen ins Nachdenken und das ist dann ein Problem. Tja, so läuft das halt manchmal.

Was hast du gedacht, als ihr das erste Mal in Führung lagt?

Drux: „Einen abwehren und dann vorne rein, dann geht vielleicht was!“ Ich war zu dem Zeitpunkt ja auf der Bank, trotzdem wollte ich einfach motivieren und irgendwie helfen. Hat geklappt!

Was war heute der entscheidende Faktor für den Sieg?

Drux: Ich glaube tatsächlich, es war der Moment, als wir das erste Mal vorn lagen. Das war der entscheidende Punkt. In den letzten Minuten haben wir eine super Abwehr gespielt, dazu kamen noch tolle Paraden von Heine. Das hat uns am Leben gehalten.

Apropos Heine: der hat tatsächlich in den letzten zehn Minuten nur zwei Tore kassiert. Silvio – kaum seid ihr aus Rio zurück, schon geht’s nach Doha. Beide Turniere waren super erfolgreich. Wie geht’s dir jetzt?

Silvio Heinevetter: Aktuell bin ich sehr glücklich und stolz, gegen ein Team gewonnen zu haben, dessen Anspruch es ist, jeden Titel zu holen. Aber wenn es kein Rückspiel gibt, wussten wir: Es gibt irgendwann im Laufe des Spiels eine Chance. Das es erst am Ende des Spiels so war, ist umso besser. Dass wir sie genutzt haben, umso schöner. Leider kann man hier nichts trinken, weil in Katar gerade „Dry Days“ sind. Es gibt nur alkoholfreies Bier.


Am Anfang warst du an vielen Bällen dran, am Ende hast du es zugenagelt. Was ist passiert?

Heinevetter: Zuerst hat die ganze Mannschaft nicht so dolle gespielt, muss man so sagen. Aber man darf auch nicht vergessen, wer da auf der anderen Seite steht. Die vermutlich beste Mannschaft der Welt. Absolute Mega-Stars, die wissen, was sie machen. Wir hingen immer hinten dran, haben sie machen lassen und waren körperlich nicht so präsent, wie erhofft. Zum Schluss konnten wir einfache Tore machen und haben gut gedeckt. Das war Mitte zweiten Halbzeit die Kehrtwende im Spiel.

Geht ihr jetzt mit Schwung in die neue Saison oder eher erschöpft?

Heinevetter: Man sollte jetzt nicht zu negativ denken. Jetzt können wir uns erstmal freuen, diesen unglaublichen Pokal gewonnen zu haben. Wir haben am Mittwoch ein wichtiges Spiel, das wissen wir. Man darf in der Bundesliga keine Mannschaften unterschätzen, das hat man bei den ersten zwei Spieltagen gesehen. Auch der vermeintlich schwächste Aufsteiger kann in Melsungen gewinnen. Und Minden hat eine starke Mannschaft. Wir wollen aus der Achterbahnfahrt der vergangen Saison lernen – dazu haben wir jetzt aber auch eine bessere Mannschaft.

Ihr seid der einzige deutsche Klub, der den Weltpokal verteidigt hat. Ziel: das dritte Mal?

Heinevetter: Ich denke, zwei Mal klingt schon nach einer Serie. Das finde ich gut, da kann gern noch mehr kommen.

Kommt am Mittwoch in den Fuchsbau, wenn die Jungs gebührend für den Titel gefeiert werden! Tickets gibt's unter dem Link unten:

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